Korbinian Rüger und seine Vision von Europa

08. Mai 2024

Am 26.4.2024 begrüßen Birte Bode und Andreas Graw, die frisch gewählte Doppelspitze der SPD Unterschleißheim, den mit dem Fahrrad angereisten Co-Vorsitzenden der SPD München-Land Korbinian Rüger im gut besetzten kleinen Sitzungssaal. Nach einer kurzen Erfrischung geht Korbinian Rüger gleich in die Vollen und stellt zunächst seine Vision von Europa vor, bevor es mit den Anwesenden in eine offene Diskussion geht.

Korbinian Rügers Vision von den „Vereinigten Staaten von Europa“ stützt sich auf drei Säulen: eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, Finanzpolitik und Wirtschaftspolitik aller EU-Länder. Die Umsetzung stuft der überzeugte Europäer, der selbst schon für das EU-Parlament kandidiert hat, zu seinem Bedauern momentan als sehr unrealistisch ein. Die Schwierigkeiten, die EU zu reformieren, dürften aber nicht dazu führen, keine Ideen für Europa mehr zu entwickeln. Das Fehlen einer wirklichen Steuerung der oben genannten zentralen drei Bereiche, die unsere freiheitlich-demokratische Lebensform in der Welt verteidigen könnten, macht die EU im globalen Gefüge schwach. Außerdem führe es dazu, dass die EU von ihren Bürgerinnen und Bürgern eher als ein regelwütiges Monster wahrgenommen werde, das es nicht schaffe, die sozialen Ungleichheiten innerhalb der EU zu beseitigen und die Bürgerinnen und Bürger von der Wichtigkeit dieses Projekts für ihr Leben zu überzeugen. Höchstens großer Druck von außen, so sieht es Korbinian Rüger, könne möglicherweise zu den nötigen Reformen führen. Eine Lösung für mehr demokratische Legitimation und damit Akzeptanz wäre laut Rüger die Einführung einer zweiten Parlamentskammer, ähnlich wie der Senat in den USA. Beide Kammern, Parlament und Senat, wählten dann die Kommission. Darin sieht er eine echte europäische Demokratie.

Im Anschluss an seine interessanten Ausführungen entwickelt sich eine äußerst fundierte Diskussion mit dem Publikum. Alle Anwesenden teilen die Sorge angesichts eines zu befürchtenden deutlichen Rechtsrucks und dem Vormarsch der Demokratiegegner im EU-Parlament nach den bevorstehenden EU-Wahlen. Der dringende Wunsch nach wirklichen Reformen wird laut und vor allem auch nach einer neuen Erzählung für das beispiellose Friedensprojekt, die die Bürgerinnen und Bürger wieder erreichen kann. Dabei müsste auch deutlich gemacht werden, welchen großen Anteil die EU gerade am Wohlstand Deutschlands hat und dass dieser die Kosten, die immer so kritisiert werden, bei Weitem übersteigt. Denn gerade Deutschland profitiert so sehr vom Binnenmarkt. Auch der Wunsch wird geäußert, dass die EU, die von vielen als reines Elitenprojekt wahrgenommen wird, wieder sozialer ausgerichtet wird. Dies könnte dazu führen, dass die EU-Bürgerinnen und EU-Bürger wieder sehen, dass die EU in ihrem Sinne arbeitet und ihre Lebensweise in der Welt, in der Demokratie und Freiheit immer stärker unter Druck geraten, verteidigt. Auch wird ein Abrücken von der Einstimmigkeit als notwendig angesehen, um die europäische Verfassung zu reformieren. Durchaus kontrovers wurde diskutiert, ob die nötigen Veränderungen aus den Nationalstaaten selbst, oder nur „von oben“ gelingen können. Einig waren sich allerdings alle darüber, dass die momentane Version der EU, in der vieles im Argen liege, für die Europäerinnen und Europäer immer noch besser sei, als keine EU. Und sei es zunächst nur – und das gerate viel zu oft in Vergessenheit – um den Frieden innerhalb der EU zu sichern und unsere freiheitlich-demokratische Lebensform gegen die Bedrohungen in einer sich stark verändernden Welt zu verteidigen.

So ließ sich der Abend trotz all der angesprochenen Defizite der EU und ihrer Reformbedürftigkeit unter dem Motto „Es lebe Europa“ zusammenfassen.

Veronika Müller, stellvertretende Vorsitzende der SPD Unterschleißheim-Lohhof

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