Gedanken zum Weltfrauentag 2022

08. März 2022

‚Her mit der Frauenquote‘, so lautet die Überschrift einer Kolumne der Süddeutschen Zeitung vom 24. Februar nach der Kabinettsumbildung von Ministerpräsident Söder- aus weiblicher Sicht ein echter Rückschritt!

Kurz zur Erinnerung: 1949 war es den vier Müttern des Grundgesetzes, Dr. Elisabeth Selbert, Frieda Nadig, beide SPD, Helene Weber CDU und Helene Wessel von der Zentrumspartei zu verdanken, dass nach erbittertem Widerstand im Parlamentarischen Rat die Formulierung ‚Männer und Frauen sind gleichberechtigt‘ in den Grundrechte Katalog aufgenommen wurde. Die Umsetzung ließ allerdings auf sich warten, erst 1957 wurde das Gleichberechtigungsgesetz im Bundestag verabschiedet, um 1994 nach der Wiedervereinigung um folgenden Text ergänzt zu werden: ‚Der Staat fördert die t a t s ä c h l i c h e Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin‘. Da gab es wohl beträchtlichen Nachholbedarf, damals war Jutta Limbach, die spätere Präsidentin des Bundesverfassungsgerichtes, an dem Prozess beteiligt. Gut Ding will also Weile haben und kleine Anmerkung am Rande – Helene Weber, die Mitbegründerin der Frauenunion der CDU, forderte schon vor über 70! Jahren Lohngerechtigkeit „verrichten sie die gleiche Arbeit, so haben sie Anspruch auf gleiche Entlohnung“. Mit den bekannten Nachteilen für Frauen will ich meine Leserschaft diesmal nicht konfrontieren, die Pandemie hat wie durch ein Brennglas ohnehin viele Schwachstellen aufgezeigt. Wollen wir also lieber hoffnungsvoll nach vorne schauen? Im Koalitionsvertrag der Ampel steht immerhin unter anderem, dass die Gleichstellung in diesem Jahrzehnt erreicht werden muss! Die SPD will in der neuen Regierung unter anderem Gewalt an Frauen bekämpfen, den unsäglichen § 219 StGB abschaffen – Ärzte*Innen dürfen öffentliche Informationen über Schwangerschaftsabbrüche bereitstellen, ohne eine Strafverfolgung befürchten zu müssen – aber leider bleibt § 218 StGB in Kraft, der in einem Abbruch immer noch einen Straftatbestandteil sieht.

Die Erhöhung des Mindestlohns kommt vor allem den vielen Frauen zu Gute, die überwiegend in geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen arbeiten – auf ihre spätere Rentenhöhe wirkt sich das allerdings kaum aus. Und wie sieht es mit der von den meisten Expert*Innen geforderten Abschaffung des Ehegattensplittings aus? Im Koalitionsvertrag nicht zu finden! Das gilt leider auch für die Forderung nach Parität in den Parlamenten, derzeit liegt der Frauenanteil im Bundestag bei 31,2, im Bayerischen Landtag bei 26,8 %. Und das auch nur, weil SPD und Grüne seit vielen Jahren eine Quotenregelung bei der Kandidat*Innen Aufstellung praktizieren. In den Gremien der Rathäuser Bayerns sitzen noch weniger Frauen, von der Quote der bayerischen Bürgermeisterinnen (ca.10%) ganz zu schweigen! Zitat Dr. Elisabeth Selbert (1896-1986):‘Die mangelnde Heranziehung von Frauen zu öffentlichen Ämtern und ihre geringe Beteiligung in den Parlamenten ist doch schlicht Verfassungsbruch in Permanenz…“Da ist also noch viel Luft nach oben und die AsF, die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen, wird weiterhin laut und deutlich auf diese Defizite aufmerksam machen.

Hocherfreut ist die AsF Bayern, und damit möchte ich meinen Beitrag schließen, dass gleich drei Frauen aus ihren Reihen inzwischen als Staatssekretärinnen in Berlin agieren. Die Ärztin Sabine Dittmar (64J.) im Bundesministerium für Gesundheit, die Informatikerin Dr. Bärbel Kofler (67J.) im BM für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und Anette Kramme (67J.), Fachanwältin für Arbeitsrecht im BM für Arbeit und Soziales. Zusammen bringen sie übrigens 24 Jahre Erfahrung als Bundestagsabgeordnete mit und sind damit ein großes Vorbild für alle Frauen, die sich parteipolitisch engagieren wollen.

Antje Kolbe, Stadträtin in Unterschleißheim und Gleichstellungsbeauftragte der SPD Fraktion

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